Ilustration: KMU Inhaber übergibt Schlüssel an seine Nachfolgerin

Nachfolgeregelung bei KMU: Welche Möglichkeiten gibt es?

Veröffentlicht von Andrea von Rechenberg

Ein grosser Teil der Schweizer KMU sind vom Inhaber geführte Unternehmen. In den meisten Fällen eignen sie sich aufgrund ihrer Grösse nicht als Kapitalanlage für Aktionäre, welche die Geschäftsführung nicht selbst wahrnehmen. Deshalb gehört es meines Erachtens zu den vornehmsten Aufgaben eines ­Unternehmers, seine Nachfolge frühzeitig zu organisieren.

Die Unternehmensnachfolge bei KMU ist ein Thema, das viel Raum und Zeit beansprucht. Hinzu kommen sehr viel persönliche Aspekte. Hier können deshalb nur einige Gedanken platziert werden, die als Anregungen für Unternehmer zu verstehen sind. Diese Anregungen konzentrieren sich auf die wichtigsten Optionen für die Nachfolgeregelung: Familiennachfolge, Management-Buy-out, Verkauf an Dritte und Liquidation oder Stilllegung.

Familiennachfolge

Der glücklichste Unternehmer ist wohl jener, der innerhalb seiner Familie einen Nachfolger hat. Doch hier ist als Wichtigstes zu beurteilen, ob die zur Führung gewillte Person hierzu auch die notwendigen Voraussetzungen mitbringt – der wichtigste und schwerste Entscheid! Es dient nämlich weder dem Nachfolger noch dem Unternehmen, wenn der Nachfolger überfordert ist und im schlimmsten Fall an dieser Aufgabe zerbricht.

Wird die Frage positiv beantwortet, ist sicherzustellen, dass die Nachfolge auch eigentumsmässig sichergestellt wird. Das heisst, durch entsprechende familien- und erbrechtliche (Erbvertrag usw.) Vorkehrungen ist zu regeln, dass der Nachfolger das Unternehmen zu Konditionen übernehmen kann, die ihn und indirekt die Firma finanziell nicht überfordern. So ist zum Beispiel der Anrechnungswert im Erbgang so moderat anzusetzen, dass der Nachfolger von Beginn weg mindestens die Mehrheit am Unternehmen besitzt, am besten aber von Anfang an Alleineigentümer desselben ist, ohne durch Fremdkapital zu stark eingeschränkt zu sein. Ein verkraftbarer Preis stellt nicht unbedingt eine Ungerechtigkeit gegenüber den Miterben dar, übernimmt doch der Übernehmer ein grosses Risiko, während die übrigen Erben durch risikolose Werte abgefunden werden.

Management-buy-out

Kommt eine familieninterne Nachfolge nicht infrage, wäre der Management-Buy-out wohl die zweitschönste Regelung. Mitarbeiter, die zusammen mit dem Unternehmer das Unternehmen aufgebaut und geführt haben, bieten einigermassen Gewähr, dass der Geist des Unternehmens weiterlebt. Leider aber verfügt diese Gruppe in der Regel nicht über das nötige Finanzpolster, um die Übernahme zu stemmen. Bei kleineren KMU ist es auch bei moderater Preisfestsetzung schwierig bis unmöglich, eine entsprechende Bank- oder sonstige Drittfinanzierung zu erhalten. Bleibt also nur die Darlehensgewährung des Unternehmers an die Käuferschaft, verbunden mit dem Nachteil, dass die Kaufpreiszahlung praktisch über zukünftige Dividenden bei Gewinn der zu verkaufenden Unternehmung erlegt wird. Das unternehmerische Risiko verbleibt also während längerer Zeit beim abgebenden Unternehmer, der daneben eine relativ schlecht verzinste Forderung erhält anstelle der zu erwartenden höheren Dividende.

Damit die Rückzahlung des Darlehens nicht durch Steuern auf den Rückzahlungen zusätzlich verzögert wird, empfiehlt es sich, eine Holdinggesellschaft als Käuferin zwischenzuschalten, die dank Beteiligungsertrag praktisch steuerfrei ist. Bedingung hierfür ist allerdings, dass die verkaufte Unternehmung als juristische Person ausgestaltet ist. Der Nachteil dieser Lösung sei nicht verschwiegen: Schuldnerin des Darlehens wird damit die Holding, und die Übernehmer sind persönlich nicht beschwert, sofern nicht eine Bürgschaft unter denselben vereinbart wird.

Verkauf an Dritte

Der Verkauf an Dritte oder Mitbewerber ist technisch die einfachste, emotional wohl aber in vielen Fällen eine schwerere Lösung des Nachfolgeproblems. Das «Kind» wird an Fremde übergeben, die keine «Unternehmens-Muttermilch» in sich tragen. Bleiben diese loyal zu Mitarbeitern und Kunden? Wird die Unternehmensphilosophie weiterleben, oder zählt nur noch Finanzmaximierung? Technisch verbleiben hingegen einzig die Fragen der steuerlich optimalen Gestaltung des Verkaufs sowie die Festsetzung des Verkaufspreises.

Liquidation oder Stilllegung

In vielen Fällen zerschlagen sich die Übertragungspläne, die Unternehmung ist zu stark vom Unternehmer abhängig oder die Art des Geschäfts verfügt über kein stetiges Auftragsportefeuille. Letzteres kann etwa bei kleineren Architekturfirmen der Fall sein. In diesen Fällen bleibt beim Ausscheiden des Unternehmers einzig die Stilllegung des Unternehmens, eventuell mit anschliessender Liquidation. Können laufende Aufträge nicht mehr abgewickelt werden, stellt sich die Frage der Übertragung derselben auf Mitbewerber, eventuell verbunden mit der Kombination einer Zusammenarbeit als freier Mitarbeiter beim Übernehmer.

Während die Stilllegung eines Betriebes grundsätzlich ohne Steuerkonsequenzen abgewickelt werden kann, führt die Liquidation zwingend zu solchen.

Bei Personengesellschaften (Einzelfirmen usw.) unterliegt der Liquidationsgewinn der AHV (ungefähr 10 Prozent) und Einkommenssteuern (bis ungefähr 33 Prozent). Ist der Unternehmer über 55-jährig oder wegen Invalidität zur Liquidation gezwungen, findet eine spezielle Besteuerung nach Unternehmenssteuerrecht II statt – und zwar zu einer separaten und privilegierten Besteuerung dieses Gewinnes, sofern der Steuerpflichtige keiner irgendwie gearteten selbstständigen Erwerbstätigkeit mehr nachgeht. Diese privilegierte Besteuerung führt aber nur bei relativ kleinen Liquidationsgewinnen zu einer Entlastung.

Bei juristischen Personen unterliegt der Liquidationsgewinn der ordentlichen Ertragssteuer. Die Liquidationsdividende stellt beim Aktionär Einkommen mit entsprechender Steuer dar. Sofern dieser mehr als 10 Prozent am Aktienkapital der liquidierten Firma hält, unterliegen heute bei Bund und Kanton Graubünden nur noch 60 Prozent der Dividende der Besteuerung. Die Höhe der Liquidationsdividende entspricht der Gesamtausschüttung an den Aktionär abzüglich seines Anteils am Nominalkapital und an der steuerlich anerkannten Kapitaleinlagereserve.

Vorbereitungen

Viele KMU-Betriebe sind aufgrund ihrer Entwicklung und der «Hosentasche-Jackentasche-Problematik» des Inhabers unternehmerisch nicht für die Nachfolge gerüstet. Zu viel Substanz und nicht betriebsnotwendige Vermögenswerte verbleiben in der Unternehmung, die für einen Nachfolger uninteressant sind und die Unternehmung zu schwer machen. Deshalb muss die Unternehmung für die Nachfolge fit getrimmt werden. Dies ist aber in vielen Fällen aufgrund der Gesetzgebung nicht immer in kürzester Zeit möglich und zum Teil aus steuerrechtlicher Sicht uninteressant. Das Steuerrecht sieht bei Umstrukturierungen für gewisse Fälle eine fünfjährige Sperrfrist für steuerfreie Umstrukturierungen vor.

A. Überliquidität

Verfügt ein Unternehmen über zu hohe Liquidität in Form von Barmitteln beziehungsweise Aktiendepots usw., so können diese bei Personengesellschaften steuerfrei entnommen werden, sofern keine stillen Reserven aufgelöst werden müssen. Andernfalls sind diese stillen Reserven als Unternehmensertrag zu versteuern und mit der AHV abzurechnen. Bei juristischen Personen erhält der Aktionär eine Dividende mit rückforderbarer Verrechnungssteuer und Einkommenssteuerbelastung beim Aktionär. Aufgelöste stille Reserven stellen bei der Unternehmung steuerbaren Ertrag dar.

Man könnte gegen diese Ausführungen einwenden, dass der Übernehmer diese nicht betriebsnotwendigen Mittel ja mitübernehmen könnte. Dies kann er tun, aber nur bei entsprechendem Abschlag auf dem Übernahmepreis von mindestens im Umfange der latenten Steuern, da niemand «Geld kauft», das aufgrund der Steuergesetzgebung eventuell während fünf Jahren nicht zur Tilgung des Kaufpreises verwendet werden darf. Andernfalls hat der Verkäufer solche Wertübertragungen als Einkommen beziehungsweise Dividende zu versteuern, sofern die Übernahme beim Käufer Geschäftsvermögen darstellt beziehungsweise die Übernehmerin als juristische Person organisiert ist (indirekte Teilliquidation).

B. Umstrukturierungen

a. Personengesellschaft

Ist die zu übertragende Gesellschaft eine Personengesellschaft (Einzelfirma, Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft), so stellt der Verkaufsgewinn mit entsprechenden Konsequenzen, wie unter dem Thema «Liquidation und Stilllegung» beschrieben, AHV- und steuerpflichtiges Einkommen des Verkäufers dar. Werden dagegen Beteiligungsrechte (Aktien, GmbH-Stammanteile) verkauft, die im Privatvermögen des Verkäufers gehalten werden, entsteht bei diesem steuerfreier Kapitalgewinn. Deshalb ist im Hinblick auf die Nachfolge zu prüfen, ob die Umwandlung einer Personenunternehmung in eine juristische Person Sinn macht. Der Kapitalgewinn ist aber nur steuerfrei, wenn die Umwandlung in eine juristische Person mehr als fünf Jahre zurückliegt. Es gilt hier, festzuhalten, dass die Umwandlung einer Personengesellschaft in eine juristische Person ohne Auflösung der stillen Reserven zu einer Senkung des Kaufpreises führen kann, da der Übernehmer bei der Preisgestaltung die latenten Steuern miteinbeziehen wird, dies allerdings bei langlebigen Anlagegütern oft nicht zum vollen Satz. Auch spielen bei derselben die Ertragsaussichten eine weit wichtigere Rolle als der Substanzwert der Unternehmung. Eingespart werden kann aber auf jeden Fall die AHV von rund 10 Prozent auf den stillen Reserven, was doch erheblich ist (siehe oben Liquidation oder Stilllegung).

b. Aufteilung der Unternehmung

Oft verfügen KMU-Unternehmungen über mehrere Standbeine, die sich gegenseitig für eine erfolgreiche Weiterführung nicht bedingen (zum Beispiel Autogarage und Transportunternehmung, Baugeschäft und Dritttransporte, Transporte und Getränkehandel usw.). Der Übernahmeinteressent ist oft nur an einem Teilbetrieb interessiert. Wird ein solcher aus der Unternehmung herausverkauft, fällt der entsprechende Buchgewinn steuerpflichtig bei der verkaufenden Unternehmung an. Dies kann verhindert werden, indem rechtzeitig (keine Sperrfrist) diese verschiedenen Teilunternehmungen in Schwestergesellschaften aufgeteilt werden. Dies kann steuerfrei durchgeführt werden, sofern die neuen selbstständigen Betriebszweige weiterhin über Betriebseigenschaft verfügen. Diese Bedingung wird nach der Praxis erfüllt, wenn mindestens eine Person zu 100 Prozent angestellt ist. Immobiliengesellschaften erfüllen diese Erfordernisse in der Praxis sehr selten, es sei denn, es handelt sich um ein erhebliches Immobilienportefeuille. Anschliessend können die neu entstandenen Schwestergesellschaften, sofern sie juristische Personen darstellen, steuerfrei als Kapitalgewinn veräussert werden.

Ist die Unternehmung als Holding organisiert, ist zu überlegen, ob diese durch Fusion mit den Tochtergesellschaften mit anschliessender Aufteilung zu Schwestergesellschaften umstrukturiert werden kann, um anschliessend, wie oben dargestellt, die Schwestergesellschaften einzeln zu veräussern.

c. Übertragung von Betriebnotwendigen Anlagegütern innerhalb einer Unternehmensgruppe

Oft sind in einer als Holding oder Stammhaus organisierten Unternehmung einzelne Anlagegüter in der «führenden» Gesellschaft. Das Fusionsgesetz und die Steuergesetze lassen die steuerfreie Übertragung solcher Anlagegüter innerhalb der Firmengruppe zu, sofern die folgenden Bedingungen erfüllt sind:

  • Stimmenmehrheit bei beiden Gesellschaften; bei Übertragung auf eine Tochtergesellschaft reicht eine Beteiligung von 20 Prozent des Grundkapitals
  • Übernahme der Gewinnsteuerwerte
  • Fortbestehen der Steuerpflicht in der Schweiz

Bei solchen Übertragungen müssen die gesetzlichen Voraussetzungen während fünf Jahren beibehalten werden, andernfalls erfolgt eine Nachbesteuerung bei der übertragenden Gesellschaft aufgrund von Verkehrswerten.

Fazit

Die Unternehmensnachfolge sollte eine vorrangige Aufgabe eines Unternehmers sein und frühzeitig an die Hand genommen werden. Bei der Planung ist zu berücksichtigen, dass ein Verkauf einer Unternehmung aufgrund der Marktverhältnisse eine längere Zeit in Anspruch nehmen kann. Gerade bei kleineren KMU ist die Person des Unternehmers aufgrund seiner persönlichen Verbindungen und seinem Wirken für den Übernehmer von grosser Wichtigkeit. Deshalb ist es prinzipiell wichtig, dass der allfällige Verkauf zu einem Zeitpunkt stattfindet, in dem der Verkäufer gesundheitlich und geistig noch in der Lage ist, den Unternehmensübergang während einer gewissen Zeit zu begleiten.

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